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Das Schlösschen von Alt-Wackersdorf

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Der erste Ortschronist von Wackersdorf ist uns aus der Chronik von Josef Rappel (1974) bekannt. Ein Lehrer namens Kaspar Glas, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts mit der

Alt-Wackersdorf, historische Karte: Bayerische Vermessungsverwaltung
  Alt-Wackersdorf, historische Karte: Bayerische Vermessungsverwaltung

Ortsgeschichte von Alt-Wackersdorf befasste, wird mit folgenden Worten zitiert (1845): „Wackersdorf soll nach einer uralten Sage den Namen von einem Gutsherrn, nämlich von dem Herrn von Wacker, der hier auf dem Schlö[ss]lein, von dem noch Mauerüberreste zu sehen sind, gelebt hatte, erhalten haben.“ (Rappel, 1974, S. 72) Von der Fraglichkeit der Provenienz des Namens einmal abgesehen, ist die Tatsache weit interessanter, dass Zeitgenossen des Lehrers bauliche Spuren eines Schlössleins noch vorfinden konnten. Rappel vermutet in der Wackersdorfer Chronik (1974), dass die „Sage von einem Edelsitz Wackersdorf (…) nicht von der Hand zu weisen [ist]. Er mag sich im Bereich Pfarrhof – Kirche – Friedhof befunden haben. Man braucht nicht an eine große Burg zu denken. Eine große Hofanlage hat damals genügt. Die Lage am Ende des Dorfes würde auch dafür sprechen.“ (Rappel, 1974, S. 72) Auch in dem im Jahre 1906 erschienenen Buch „Die Kunstdenkmäler von Bayern“ für das Bezirksamt Burglengenfeld wird erwähnt, dass „die Kirche (…) auf der Stelle eines Schlosses [stand]. Im Friedhof [war] noch der Wallgraben sichtbar.“ (BLfD, 1983) Ein „vier Meter tiefer Wall-Graben“ (Rappel, 1974, S. 73) muss die Anlage umgeben haben. Zunächst weiß man jedoch darüber wenig. „Im Jahre 1224 ist Wackersdorf dem Gerichte Vilshofen abgabepfichtig. Im

Kirche von Alt-Wackersdorf (Blick von West nach Ost)
     Kirche von Alt-Wackersdorf (Blick von West nach Ost)

Wittelsbacher Urbar werden ‚die urbar und die guelt in dem gerihtt zu Uilshoven‘ aufgezählt. Hier steht: ‚Aber Weigersdorf ain guot.‘“ (Rappel, 1974, S. 73) Bemüht man nun eine alte Karte zur Pfalz-Neuburg (liegt hier als Nachzeichnung vor), die um 1600 erstellt worden sein muss, so ist dort der Ort „Wackersdorff“ mit einem Kirchenturm samt Anbau eingezeichnet. Die Baulichkeiten sind von einer Mauer umgeben, was unter Umständen den wehrhaften Charakter zum Ausdruck bringen könnte. Daneben ist vermutlich symbolhaft noch ein Haus (der Pfarrhof?) eingezeichnet worden. In späteren Karten ist eine Einfriedung durch Mauern nicht mehr erkennbar. Lediglich in den Uraufnahmen (1808-1864) sind die Kirche von Alt-Wackersdorf und die sich anschließenden Gräber eingefriedet (siehe historische Karte). Laut

Vergleichszeichnung zu einer Karte von Wackersdorf um 1600 (Pfalz-Neuburg)
    Karte um 1600 (Pfalz-Neuburg)

dieser Karte verläuft die Mauer abgerundet um die Kirche, nur die nordwestlich gelegene Ecke läuft spitz zu. Von einem Graben fehlt auf der Karte jedoch jede Spur. Darüber hinaus gibt es eine weit wertvollere Informationenquelle, die die Sage vom „Wackersdorfer Schlösschen“ glaubhaft machen könnte. Alte Schwarz-weiß-Aufnahmen von der Alt-Wackersdorfer Kirche zeigen zunächst einmal, dass das Kirchengelände etwas erhöht gelegen haben muss. Alle Zugänge zum Kirchengelände sind auf den Aufnahmen über Treppenaufgänge zu erreichen, sei es der Ostzugang oder sei es der Nordzugang. Eine weitere, seltene Aufnahme (mit Blickrichtung West nach Ost), die in diesem Beitrag aufgeführt ist, zeigt eine Vertiefung, die zwar außerhalb des Friedhofs liegt, deren Verlauf jedoch wiederum in der Uraufnahme in Form einer roten Linienführung gekennzeichnet ist. Hier könnte es sich um den Wallgraben handeln, der später wahrscheinlich als Zufahrtsweg genutzt wurde, um z.B. Holz (siehe Bild) oder andere Dinge an- und abzutransportieren. Abwegig ist die Sage bzw. die Erzählung, die der Lehrer Kaspar Glas 1845 zu Papier gebracht hat, nicht. Vieles spricht dafür, dass in grauer Vorzeit in Alt-Wackersdorf ein Schlösschen gestanden hat. Und noch eines schiebt Rappel nach: „Lehrer Glas hat 1845 niedergeschrieben, was das Volk damals darüber erzählt hat. ‚Die adlige Herrschaft von Wackersdorf hatte ihren Sitz an der Stelle der Kirche in Altwackersdorf. Rings herum zog sich zur Sicherung die Schlo[ss]mauer und ein mehrere Meter breiter Schlo[ss]graben. Reste von Mauer und Graben haben die alten Wackersdorfer noch gesehen und gekannt.‘ ‚Die letzten Sprossen des Geschlechtes waren zwei Fräulein. Sie verkauften ihren Besitz und legierten das erlöste Geld zu Bau einer Kirche.‘ Die gewölbte Sakristei soll die alte Schl[ss]kapelle gewesen sein. Beim Abschlagen des Außen- und Innenputzes im Jahre 1927 kamen außen Tür- oder Fensternischen zum Vorschein und innen an der Decke zeigte sich eine schöne ornamentale Malerei. Bei den Grabungsarbeiten um den Kirchturm herum kam eine Unmenge von Totengebeinen ans Tageslicht. Die Schlo[ss]kapelle – später Sakristei war geostet. Die einst vorhandene südliche Nische könnte der Eingang gewesen sein.“ (Rappel, 1974, S. 301)

(Die Risszeichnung der Kirche (Rappel, 1974, S. 300) mit den einzelnen Bauabschnitten hat Rappel ebenso in der Chronik von 1974 angefügt. Im Abgleich mit alten Fotoaufnahmen ist jedoch anzumerken, dass dies jedoch keine vollständige bzw. realitätsgetreue Abbildung sein kann. Dies müsste jedoch an anderer Stelle genauer betrachtet werden.)

Risszeichnung der Kirche von Alt-Wackesrdorf

 

 

  

 

Literaturverzeichnis:

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (BLfD): Die Kunstdenkmäler von Bayern. Die Kunstdenkmäler der Oberpfalz/Bezirksamt Burglengenfeld - Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1906 bearb. von GEORG HAGER, Oldenburg 1983.

Ibler, M. B.: Daz ampt ze Swainkendorf, o.O. o.J.

Rappel, Josef: Wackersdorf. Beiträge zur Geschichte der Gemeinde und Pfarrei Wackersdorf, Wackersdorf 1974.

Bildquellen sind jeweils den Bildern zu entnehmen.

 

 

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